Kleine Veränderungen – grosse Wirkung. Wie die Durchmischung in Unternehmen von selbst steigt.
Zusammenzug aus der wissenschaftlichen Studie „Leaning In or Not Leaning Out? Opt-Out Choice Framing Attenuates Gender Differences in the Decision to Compete“ abrufbar unter: https://www.nber.org/papers/w26484
In den meisten Unternehmen erfordern Beförderungen Eigeninitiative und den Wettbewerb unter den Bewerbern. Untersuchungen zu geschlechtsspezifischen Unterschieden bei den Präferenzen für den Wettbewerb deuten jedoch darauf hin, dass dieser Prozess dazu führen könnte, dass sich weniger Frauen als Männer für die Teilnahme entscheiden. Diese Studie untersucht, ob die Änderung von Beförderungssystemen von einem Standard, bei dem Bewerber sich aktiv einschalten müssen (d.h. selbst nominieren: «opt-in»), zu einem Standard, bei dem Bewerber sich aktiv ausschließen müssen (d.h. sie werden automatisch für die Beförderung berücksichtigt, können sich aber dafür entscheiden, nicht berücksichtigt zu werden: «opt out»), die Geschlechterunterschiede mildert.
Nun zeigen verhaltenswissenschaftliche Experimente deutliche Geschlechterunterschiede bei der Wettbewerbsteilnahme, je nachdem, ob Eigeninitiative entscheidend ist, oder ein Ernennungssystem angewandt wird. In den Experimenten wurde auch untersucht, ob es nachfolgend zu Unterschieden bei Leistungsfähigkeit und Wohlbefinden der Teilnehmenden kam. Nein – ein Systemwechsel hat keinen Einfluss auf die Leistungsqualität. Für einen Aufstieg ernannte Menschen sind gleich leistungsbereit, fähig und zufrieden, wie jene, die sich selbst beworben haben.
Die Ergebnisse dieser Studie unterstützen das generelle Versprechen von «Entscheidungsarchitekturen», Geschlechterunterschiede zu verringern – bei gleichbleibender Leistungs- und Lebensqualität. Die Ergebnisse deuten zudem darauf hin, dass geschlechterspezifische Unterschiede bei Einstellungen und Beförderungen eigentlich eher kontextabhängig sein könnten.
Seit Jahrzehnten versuchen die Forschung und die Personalabteilungen grosser Unternehmen herauszufinden, wie man bei den Führungskräften ein Gleichgewicht der Geschlechter herstellen kann – mit begrenztem Erfolg.
Karriere machen heisst, sich einem Wettbewerb auszusetzen. Einige wissenschaftliche Studien haben nachgewiesen, dass Frauen eine grössere Abneigung gegen den Konkurrenzkampf in Bewerbungs- und Beförderungsprozessen haben als Männer. Diese Wettbewerbsabneigung der Frauen wurde bisher als eine der Erklärungen ihrer Untervertretung in Führungspositionen herangezogen und damit auch die Verantwortung dafür bei den Frauen belassen. Nach dem Motto: «fix the women», damit sie weiterkommen können.
Diese neue Studie deutet darauf hin, dass es auf den Kontext und die Art des Wettbewerbs ankommt, inwiefern Frauen daran teilnehmen. Wenn die Wettbewerbssituation in Experimenten so gestaltet ist, dass alle geeigneten Personen zur Teilnahme ernannt werden und sich aktiv zurückziehen müssen («opt out»-Option), falls sie nicht weiterkommen wollen, fallen Geschlechterunterschiede beim Wettbewerbsverhalten völlig weg. Das bedeutet in der wirtschaftlichen Anwendung, dass wenn Rekrutierungen und Beförderungen in erster Linie durch Ernennung erfolgen und aktiv abgelehnt werden müssten, der Frauenanteil in Führungspositionen deutlich ansteigen könnte und sich damit der interne Talentepool vergrössern würde.
In der Debatte um «fix the women» oder «fix the system» unterstützt diese Studie Letzteres. Sie unterstützt die These, dass veränderte Rahmenbedingungen und Spielregeln in Beförderungsprozessen die Geschlechterdurchmischung automatisch verändern und damit auch qualifizierte Frauen am Karrierewettbewerb teilnehmen. Das ist ein gutes Beispiel, wie Verhaltensdesign funktioniert und einen erheblichen Beitrag zum Führungskräftemangel leisten kann.
Diversity leicht gemacht.
Deshalb haben sich GetDiversity und FehrAdvice & Partners für eine Kooperation entschieden, um z.B. Rekrutierungs- und Beförderungprozesse in Unternehmen dergestalt umwandeln zu helfen, dass Diversity & Inclusion danach von selbst an Wirkung gewinnt.
Verfasst von Esther-Mirjam De Boer