Je dreister, desto dümmer

Strategie
Eine Rezession sei im Anflug, das pfeifen wirkmächtige Spatzen von den Dächern. Was ist zu tun? «Gold kaufen» meint einer, der zwar exorbitant erfolgreich war, aber seinen Werkzeugkasten nur auf die Finanzwirtschaft beschränkt. Wer heute noch meint, mit solchen One-size-fits-all- Ansätzen zukünftige Komplexitäten lösen zu können – na ja, wir werden erleben, ob es klug war und der zusätzliche Goldkauf der Gesundheit der Weltwirtschaft schliesslich diente. Denn das sollte eigentlich unser Interesse sein: die allgemeine Wohlfahrt.

Jene, die früh dem Rat der Weisen folgen, werden trotz bereits hohem Goldkurs wenigstens ihren individuellen Nutzen daraus ziehen. Wer sich zum richtigen Zeitpunkt geschickt wieder über die Welle hinwegsetzt, bevor sie bricht, kann auf der Folgenden locker surfen. So wird der Einzelne reich. Damit haben wir aber noch nichts für die Wirtschaft und gegen die Rezession getan.

 

Neulich hörte ich eine Verwaltungsrätin einen Konzernchef fragen: Wo genau wird die Wertschöpfungskette bereits angegriffen? Welche Stellen in der Wertschöpfungskette sind margenstark und angreifbar? Mit solchen Fragen steigt man in eine Diskussion über disruptive Risiken und das Überleben einer Organisation ein. Wer als operative Führungskraft darauf süffisant mit zuversichtlichen Allgemeinplätzen antwortet, gibt einiges über sich preis.

 

In der Verhaltensforschung nennt man das «overconfidence bias», «blind spots» und Co. Experimente zeigen, dass jene, die am wenigsten Lösungskompetenz beitragen können, überproportional von Selbstüberschätzung betroffen sind. «Je dreister, desto dümmer» habe ich daraus als Faustregel für Misstrauen gemacht. Weitere Experimente zeigen, dass Führungskräfte mit Vorurteilen weniger erfolgreiche Teams haben, weil sie ihre Mitarbeitenden schlechter behandeln und diese sich den Erwartungen entsprechend verhalten. Bei Führungskräften ohne Vorurteile performen Minderheiten übrigens überdurchschnittlich gut. Also, egal was die Konjunktur uns bringt, wir sind gut beraten, unsere Führungsetagen von optimistischen Schwätzern und Leadern mit Vorurteilen gegenüber Minderheiten zu befreien, um fit für die nächste Welle oder Krise zu sein.

 

Kolumne von Esther-Mirjam de Boer, CEO von GetDiversity in der Handelszeitung vom 14. November 2019.

 

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