Künstliche Empathie

AI
Kann ein Algorithmus empathisch sein? Diese Frage haben wir am Swiss Economic Forum diskutiert. Viele Menschen mögen das bezweifeln. Ich glaube, dass die künstliche Intelligenz bald mehr Empathie simulieren kann, als mancher Mensch ins Spiel bringt.

Wie das? Die Gesichts-, Stimm- und Spracherkennung sind derart fortgeschritten, dass Algorithmen in der Lage sind, persönliche Veranlagungen, Stimmungen und Motivationen eines Menschen zu erkennen. Es gibt bereits eine App, die typengerechte Verhaltens- und Kommunikationstipps für Führungskräfte vorschlägt. Zusammengezählt entsteht eine Anwendung, die mit unterschiedlichsten Individuen einfühlsam interagiert.

 

Noch versuchen Forscher den Menschen dafür physisch nachzubauen. Der Roboter «Pepper» sieht aus wie ein Kind mit Gliedmassen, Kopf und Gesicht. Der jüngere «Cimon» ist lediglich eine überdimensionale Kugel mit einem Bildschirm, der Augen und Mund anzeigt. Zu Hause kommunizieren wir längst mit gesichtslosen Objekten namens «Alexa», «Siri», «Cortana» & Co.

Es ist die Qualität der Resonanz, nicht die Form, die schliesslich die Wirkung ausmacht.

Je vielfältiger die Forschungsteams zusammengesetzt werden, desto reichhaltiger wird das Repertoire der digitalen Assistenten. Diversität und insbesondere eine Kultur der Inklusion und Kooperation gelten in führenden Tech-Betrieben inzwischen alsFundament zum Erfolg. (Fast) Vorbei sind die Zeiten, in denen Spracherkennung ausschliesslich mit männlichen Stimmen und Gesichtserkennung nur mit Weissen funktionierte. Gelebte Inklusion erschliesst neue Geschäftsfelder.

 

Die Gesellschaft altert und bald gibt es zu wenig Erwerbstätige und Freiwillige, um Hochbetagte gut zu betreuen. Digitale Assistenten können dann ausführliche Gespräche führen, die die Einsamkeit lindern sowie Zwischenfälle erkennen und melden – das wird erheblich Gesundheitskosten senken. Menschen mit Demenz können dank den Stimmen ihrer Liebsten, Bilder ihres Lebens und den Liedern ihrer Jugend ergänzend maschinell betreut werden und dabei bessere Lebensqualität erfahren, als wenn sich ausschliesslich Menschen um sie kümmern würden. Noch ist das ein befremdlicher Gedanke, an den wir uns bald gewöhnen werden.

 

Kolumne von Esther-Mirjam de Boer in der Handelszeitung vom 29. Mai 2019.

 

Interessant: Alexandria Ocasio-Cortez in einer Anhörung zur Situation in den USA, wo diese Technologien noch zu wenig reguliert sind und zuviel Ungerechtigkeit auslösen.

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