Nun bin ich nicht sportlich und schon gar nicht bergtauglich, aber ich lese unglaublich gerne. Auch Statistiken. Ich liebe Zahlen geradezu, da sie enorm interessante Geschichten erzählen – genau und ohne viel Druckerschwärze. Und da ich selbst vor wenigen Wochen fünfzig geworden bin und nun potenziell selbst betroffen von der vermeintlichen Misere, habe ich die Fakten im «Brennpunkt Arbeitsmarkt» studiert.
Spielt uns das Lied vom alten Eisen
Und hört, hört: Die Konjunkturforschungsstelle der ETH Zürich und das Bundesamt für Statistik spielen eine ganz andere Musik. Hier die Hörprobe: «Ältere Arbeitnehmende sind (…) unterdurchschnittlich oft erwerbslos. Gemäss Verlauf der Kurven dürfte diese Differenz noch zunehmen.» Bei den älteren Frauen weist die Schweiz im internationalen Vergleich gar die geringste Erwerbslosigkeit auf. Zudem sind ältere Arbeitskräfte überdurchschnittlich gut ausgebildet, was zusätzlich für deren Wert in Zeiten des Fachkräftemangels spricht.
Doch wie bringt man diese neue Tonfolge vom Berg des Wissens herunter in die Hitparaden und damit als Ohrwurm in die Köpfe der breiten Bevölkerung? Liebe Medien: Bitte spielt uns das Lied vom neugierigen, alten Eisen. Vom Schatz der Lebenserfahrung. In allen Variationen und Stilrichtungen. Und hört bitte auf, uns mit nachgeplapperten Einzelfällen Angst vor dem Altern zu machen.
Kolumne in der Handelszeitung vom 11. Oktober 2018 von Esther-Mirjam de Boer